Das Pößnecker Rathaus gehört zu den schönsten in Ostthüringen.

Sein einfacher Vorgängerbau - es gibt außer urkundlich belegten Rechnungen von 1399 keine Unterlagen - wurde ab dem Jahre 1478 bis 1499 schrittweise durch einen repräsentativen Neubau ersetzt.
Das Haus steht auf mehreren großen Gewölben, die noch heute im Ratskeller und über das im Hause befindliche Museum der Stadt besichtigt werden können.
Kunstvoll behauene Tür- und Fenstergewände wurden eingefügt, ein riesiger Dachstuhl und Türme durch die Zimmerleute aufgebracht.
Die beiden herrlichen Ziergiebel, hier ist vor allem der nach Norden ausgerichtete hervorzuheben, haben keine tragende Funktion, sie sind also einzig aus repräsentativen Gründen entstanden.
„
Mit seinen 8 Abstufungen, dem zierlichen Maßwerk, den zahlreichen Fensternischen und Fensterdurchbrüchen mit Kiel- bzw. Vorhangböden stellt der Nordgiebel ein wahres Kunstwerk der Spätgotik dar“ (Hans Walter Enkelmann im Pößnecker Stadtanzeiger).

1525 erhielt das Rathaus eine Uhr, die sich ursprünglich in einem kleinen Turm befand.
Erst 1531 wurde die große Freitreppe, die heute als Haupteingang für die Bürgervertretung und das Museum dient, eingeweiht.

Das Haus wurde früher zu fast 2/3 als Handelshaus, als Schänke und zur Aufbewahrung der städtischen Waffen, der Weine und der Biere genutzt. In den übrigen Räumlichkeiten war die örtliche Verwaltung untergebracht und hier wurde Recht gesprochen.
Im Erdgeschoß befand sich die städtische Waage, die eine wichtige Funktion für die Handwerker und Handelsleute hatte. Ein Hohlmaß, z.B. für Getreide und eine eiserne Elle dienten den Händlern als Eichgerät und den Bürgern zur Kontrolle ihrer Einkäufe als Maßeinheit.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erfolgte ein umfangreicher Gebäudeinnenumbau, da die Räumlichkeiten nicht mehr ausreichten. Die Außenfassaden des Rathauses blieben aber glücklicherweise unverändert.
Beim Betreten des Rathauses kann man als erstes im Erdgeschoß eine Reihe von Wandmalereien besichtigen, welche die hauptsächlich in der Stadt ausgeübten Handwerke darstellen, u. a. die Tuchmacherei.

Seitlich befindet sich der Sitzungssaal mit schöner noch ursprünglicher Kassettendecke. Ihm gegenüber ist der Eingang zum umfangreichen und sehr sehenswerten Stadtmuseum.
Neben den ortstypischen Gewerken und Lebensweisen ist hier insbesondere der Kellergewölbetrakt eine Besichtigung wert. Hier liegen die Gebeine einer nach einer alten immer wieder überlieferten Sage wegen schwerer Verbrechen um 1350 grausam hingerichteten Frau.

Sie wurde 1996 bei der Sanierung eines Stadtturmes gefunden. Man geht davon aus, dass sich damit der Kern der überlieferten Sage bewahrheitet hat. Der Jägerturm galt früher als Gerichtsstätte. Er besaß ein 7 m tiefes Verlies.
In den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde das Rathaus grundsaniert, auch der Dachstuhl wurde teilweise historisch getreu erneuert. Auch heute noch aktuell und allerorts übertragbar ist der im Jahre 1899 durch den damaligen Bürgermeister Pößnecks getätigte Ausspruch:
„
Fern möge dieser Stätte die politische Streitsucht bleiben und jener Eigensinn, welcher nicht zuzugeben vermag, dass eine abweichende Meinung die richtige sein könne“.

Malerisch liegt der Marktplatz von Pößneck vor dem Rathaus.
Heinz Arlitt
Heimatgesellschaft