Die größte frühbarocke Schlossanlage Deutschlands, das Gothaer Schloss Friedenstein, besaß auch eine der größten barocken Festungsanlagen in Mitteldeutschland.
Die Kasematten, die unterirdischen vor allem für Verteidigungszwecke gebauten Gewölbe, hatten um das Schloss eine Ausdehnung von fast unvorstellbaren ca. 2,5 km.
Der Begriff Kasematte ist eine alte spanische Bezeichnung. Das Wort casa bedeutet Haus, matar bedeutet töten, daher gab es die deutsche Übersetzung Mordkeller für die überwölbten Räume der Festungswerke. Bereits in den Jahren 1531 bis 1545 entstand auf dem Areal neben einem Neubau des Schlosses Grimmenstein der Ausbau zu einer Festung der protestantischen Ernestiner durch Kurfürst Johann Friedrich I. der Großmütige von Sachsen.
1567 wurden Schloss und Festungsanlagen völlig zerstört.
Ernst der Fromme begann 1643 mit dem Bau des noch heute vorhandenen Barockschlosses. Ab 1663 erfolgte um dieses große Gelände ein umfassender Befestigungsneubau durch einen Ober- und Niederwall sowie eine Verstärkung der Kasematten auf drei Ebenen. Grund war die drohende Invasion türkischer Truppen.
Neben vier Eckbastionen um das Schloss wurden Ravelins (Wallschilde) und Kontergarden (Gegenschutz) gebaut.
10 m tiefe und bis 20 m breite Gräben schützten das Bauwerk zusätzlich.
Es waren bis 2500 Arbeiter und Handwerker vieler Gewerke des Herzogtums gleichzeitig an der Fertigstellung beteiligt. Und so soll der Bau der Befestigungen bis 1686 mehr Geld als der gesamte Schlossneubau gekostet haben.
Die Festung mit ihren Kasematten musste aber nie zu Verteidigungszwecken genutzt werden.
Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg ließ später bis zum Jahre 1811 die zu dieser Zeit nicht mehr zeitgemäßen Wälle und Gräben zugunsten eines großen Landschaftsparkes einebnen und die Kasematten bis auf wenige Teile, die dann z. B. als Vorratskeller dienten, zuschütten. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass noch heute unter der Erde ein Großteil der Festungsbauten unbeschadet vorhanden ist.
Ein Teil der Kasematten diente im zweiten Weltkrieg den Gothaern als Bunker.
In den letzten Jahren wurden im Nordosten des Schlosskomplexes bisher etwa 300 m der unterirdischen Gewölbe wieder komplett freigelegt.
Nach erfolgter Modernisierung der Elektrik in den teilweise recht feuchten Gemäuern kann nun der Kasemattenbau mit seinen Büchsengalerien, Geschützkasematten, Gängen und Schächten sowie ein tiefer Brunnen besichtigt werden.
Zu beachten ist dabei, dass die Baulichkeiten oft eng und niedrig sind. Das so genannte Mannloch ist nur 0,50 m breit und 1,15 m hoch. Da je Führung nur 15 Personen teilnehmen können, ist eine Voranmeldung über die Touristinformation Gotha notwendig.
Heinz Arlitt
Heimatgesellschaft